Virtuelles Teamwork, also die Zusammenarbeit auf Distanz mit digitaler Unterstützung, bietet den Beteiligten ein hohes Nutzenpotenzial. Wie sieht dieses Potenzial aus? Wie kann es in der Praxis realisiert werden?

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Im letzten Post habe ich über das Führen auf Distanz geschrieben. Jetzt möchte ich mich dem Teamwork auf Distanz widmen.

Sind die zu erarbeitenden Produkte oder Dienstleistungen sehr einfach und mit eindeutiger und routinisierter Aufgabenstellung zu erbringen, lohnt sich echtes Teamwork in der Regel nicht. In allen anderen Fällen bietet die Arbeit in Teams ein erhebliches Nutzenpotenzial. In guten Teams können die Kompetenzen ihrer Mitglieder miteinander vernetzt werden und sich sozusagen gegenseitig hochschaukeln. Daher sind deren Problemlösungen oft besser und innovativer. Zudem kann die Effektivität solcher Teams höher sein, weil die Ziele gemeinsam getragen und verfolgt werden. Kommt dazu, dass diese Zusammenarbeitsform motivierend ist, was sich wiederum positiv auf die Performance auswirkt. Nicht zuletzt sind die Mitglieder solcher Teams typischerweise zufriedener, weil sie sich gegenseitig unterstützen, weil sie voneinander lernen können und weil die Stimmung im Team gut ist.

Virtuelles Teamwork eröffnet zusätzliche Chancen. Die prinzipielle Standortunabhängigkeit ermöglicht mehr Flexibilität. So kann zum Beispiel eine Expertin aus USA per Videokonferenz beigezogen werden. Dank vermehrter Zusammenarbeit mit Mitarbeitenden an anderen Standorten gewinnt man an Marktnähe. Zudem liegen Einsparungen bei den Reisespesen, Raumkosten oder beim Personalaufwand drin. Nicht zuletzt bietet sich für die Mitarbeitenden die Möglichkeit, ihre Arbeit örtlich und zeitlich flexibler zu gestalten.

Schon dieser kurze Blick auf das Nutzenpotenzial von (verteilten) Teams verdeutlicht, dass sich viele Chancen anbieten. Auf der anderen Seite zeigt meine Beratungs- und Coaching-Erfahrung aber auch, dass einige Stolpersteine aus dem Weg geräumt werden müssen. Dazu gehören etwa Probleme im Umgang mit den Kommunikationstechniken, das erhöhte Risiko von Missverständnissen und Konflikten, ineffiziente Arbeitsprozesse oder Unterstützungs- und Führungsinstrumente, die nicht auf verteilte Zusammenarbeit ausgerichtet sind.

Der folgende Überblick zeigt, welche Voraussetzungen geschaffen werden müssen, damit virtuelles Teamwork möglichst effektiv wird.

Voraussetzungen hoher Teameffektivität

Wie diese Voraussetzungen in der Praxis erfüllt werden können, verdeutlicht die folgende Tabelle:

Voraussetzungen hoher Effektivität Praxistipps
herausfordernde Zielsetzung

Die Vision / die Zielsetzung des Teams wird von den Mitgliedern geteilt und fordert sie, ohne sie zu überfordern.

Orientierung geben, Sinn vermitteln und motivieren:

  • klare und motivierende Vision und Ziele entwickeln, dabei soweit möglich und sinnvoll die Teammitglieder einbeziehen
  • Vision und Ziele regelmässig zum Thema machen (Anpassungen aufgrund von Veränderungen nötig? Auf Kurs? Was tun? etc.)
  • Erzielte Erfolge gebührend feiern.
hilfreiche Teamzusammensetzung

Die Anzahl der Teammitglieder und deren Kompetenzen sind auf die Aufgabenstellung abgestimmt.

Bei der Zusammensetzung des Teams darauf achten, dass…

  • Teammitglieder so ausgewählt und gefördert werden, dass sie über die fachlichen, sozialen und persönlichen Kompetenzen verfügen, die die Zusammenarbeit auf Distanz erfordert (z.B. hohe Teamorientierung bei gleichzeitig hoher Selbständigkeit, genügend Kenntnisse der Arbeitssprache des Teams, kompetenter Umgang mit digitalen Kommunikationsmedien)
  • die Zusammenarbeit im Team und gegen aussen sowohl auf der Sach- als auch auf der Beziehungsebene erfolgreich werden kann
  • ein passendes Verhältnis von strukturiertem / stabilem und flexiblem / innovativem Arbeiten gewährleistet werden kann.
echtes Team

Mitglieder kooperieren, um gemeinsam Aufgaben zu erfüllen / Ziele zu erreichen.

In die Entwicklung des Teams bewusst investieren und…

  • für einen gut vorbereiteten Start (mit gemeinsamem Kick-off) sorgen
  • vermeiden, dass die «Storming-Phase» über Distanz stattfindet
  • rechtzeitig gemeinsam und wenn möglich im persönlichen Austausch klare Spielregeln für die Zusammenarbeit vereinbaren (insbesondere auch betreffend digitale Kommunikation)
  • für ein offenes, wertschätzendes und unterstützendes Arbeitsklima sorgen
  • gemeinsam Lösungen für die speziellen organisatorischen Erfordernisse der Zusammenarbeit auf Distanz erarbeiten
  • transparent machen, wer welches Knowhow dem Team zur Verfügung stellen kann
  • regelmässige Teamreflexion ermöglichen (Wie haben wir zusammengearbeitet? Was lief gut? Was nicht? Was machen wir künftig anders? etc.)
  • auch bei digitaler Kommunikation informellem Austausch Raum geben (z. B. gemeinsame «virtuelle Kaffeepause»).
unterstützende Rahmenbedingungen

Die organisatorischen Voraussetzungen sind für die Aufgabenerfüllung des Teams hilfreich.

Den organisatorischen Kontext so gestalten, dass er gutes Teamwork auf Distanz unterstützt:

  • benötigte digitale Kommunikationsmedien zur Verfügung stellen
  • Führungsinstrumente (z. B. Mitarbeiterbeurteilung, Anreizsystem, Controlling) anpassen
  • Prozesse zur Erfüllung der Aufgaben des Teams überprüfen, zu komplexes Schnittstellen-Management zwischen den verschiedenen Standorten vermeiden
  • formelle Stellendefinitionen überprüfen; Aufgaben, Kompetenzen und Verantwortlichkeiten anpassen
  • Organigramm überprüfen
  • Die nötige Klarheit über die Rahmenbedingungen schaffen, aber formellen / bürokratischen Overkill vermeiden.
unterstützendes Veränderungsmanagement

Der Entwicklungsprozess des Teams und seines Kontexts wird gezielt und kompetent unterstützt.

Insbesondere bei der Einführung von virtuellem Teamwork (aber auch danach) gezieltes und rechtzeitiges Veränderungsmanagement sicherstellen:

  • Mitarbeitende: schon vor der Einführung der neuen Zusammenarbeit vorbereiten (kompetenter Umgang mit den digitalen Kommunikationsmedien etc.), Führungskraft als Coach
  • Team: in der Anfangsphase wenn möglich Teambuilding-Workshop anbieten (s. o.); Team zum Erarbeiten ausgewählter organisatorischer Lösungen einbeziehen (und auch so zur Teamentwicklung beitragen).

Damit das hohe Nutzenpotenzial von Teamwork auf Distanz voll genutzt werden kann, muss also einiges an die Hand genommen werden. Weil der «Payback» aber hoch ist, lohnt sich die Investition in den Entwicklungsprozess. Besonders lohnenswert ist es, bei der Einführung von virtuellem Teamwork für einen guten Start zu sorgen.